10 Dinge über den Iran und ein Aufruf


Wie ihr sicher unserem letzten Beitrag entnehmen konntet, gibt es einen erheblichen Unterschied zwischen den Menschen im Iran und ihrer Regierung. In diesem Beitrag wollen wir nochmals unsere Beobachtungen von beidem mit euch teilen. Und euch Freiheit ans Herz legen.

#1 Die Gastfreundschaft im Iran ist einnehmend schön und manchmal ganz schön einnehmend. Wir werden verwöhnt, verhätschelt, beschenkt, vollgestopft, gedrückt, geherzt und fast jeden Tag von Wildfremden angesprochen, in die Mitte der Familien eingeladen und am Ende noch gebeten, doch bitte bald wiederzukommen. Als wir den Iran verlassen sind wir traurig, weil wir all diese lieben Menschen zurücklassen müssen, aber auch ein wenig froh, nicht immer wie Rockstars empfangen zu werden.

#2 Etwas abzulehnen bringt überhaupt nichts, da der Iraner denkt, du machst Taŕof, also bis nur höflich und deswegen bekommst du trotzdem was er dir anbietet, das Resultat: zwei wabbelnde Wohlstandsbäuchlein.

#3 Viele Iraner sagen, sie leben “on the edge”, am Abgrund, weil so viele Bereiche ihres persönlichen Lebens von der Regierung kontrolliert werden. Nicht ganz Stasi, aber nahe dran. Viele treibt diese Unfreiheit in die Depression. Vor allem, weil alle Informationen über andere Länder und deren Freiheit den Iran erreichen. Wenn auch nicht über das zensierte Staatsfernsehen, aber über andere Kanäle. Für uns ist diese Art von Kontrolle unvorstellbar und ebenfalls bedrückend.

#4 Konzerte gibt es im Iran nur Underground. Könnt ihrr euch vorstellen euch strafbar zu machen, nur weil ihr auf ein Konzert geht?

#5 Alkohol ist verboten, somit gibt es auch keine Promillekontrollen. Wer findet den Fehler? Genau, nur weil etwas verboten ist, bedeutet dies nicht, dass es nicht exisitiert. Iraner trinken unaufgeklärt und im Geheimen Alkohol und fahren dann auch gerne mal noch Autto. Nicht, dass es das im Rest der Welt nicht gäbe, aber wäre ein aufgeklärter Umgang nicht einfach sicherer für alle?

#6 Die Art wie Iraner jede Art von Grünfläche nutzen, um darauf zu fläzen, zu ruhen, zu kochen, zu essen ist eine der schönsten Erfahrungen im Iran. Es ist herrlich all die Familien zu beobachten, wie sie ihr Leben in den Park verlegen, zusammen quatschen, Sonnenblumenkerne knacken und Melone mampfen.

#7 Die Großzügigkeit der Iraner ist atemberaubend. Es wird geteilt, eingeladen und beschenkt. Meist war unsere Essenstasche so überladen, dass wir sie nicht einmal zumachen konnten.

#8 Die Künste. An vielen Abenden wurde gesungen, ein Instrument gespielt oder getanzt. Auch Männer tanzen ganz natürlich vor. Wir finden es herrlich! Nur schade, dass Frauen nur im Schutz des Hauses diesen simplen Freuden frönen können.

#9 Der große Bezug der Iraner zu ihrer Geschichte. Sie kennen diese sehr genau und erzählen gerne davon. Das hat uns ebenfalls die Augen geöffnet für all den Reichtum an Wissen, den Persien bereithält.

#10 Die Augen der Menschen. Iraner sagen 95-99% ihrer Landsleute sind gut. Allein das ist schon eine starke Aussage. Doch all die Augen, in die wir geblickt haben, um herauszufinden, ob das Angebot ernst gemeint / die Frage okay / der Mensch vertrauenswürdig ist, haben genau diese Ehrlichkeit gespiegelt – wahnsinn!

Danke an die Iraner, für all das was wir lernen, genießen und verstehen durften. Der Iran ist das erste Land, dass wir mit einem weinenden und einem lachenden Auge verlassen. Der Druck, den die Regierung ausübt ist unterschwellig immer spürbar und kaum erträglich für die Iraner, so auch für uns. Ich habe wieder einmal gelernt, dass Demokratie, freie Medien und Gleichberechtigung in allen Lebensbereichen unschätzbar hohe Werte sind. Bevor ich im Iran war, war mir dies theoretisch auch bewusst. Jetzt, da ich einmal praktisch – und wenn auch nur in ganz kleinem Maße – erleben konnte, was Unfreiheit bedeutet, kann ich sagen: es lohnt sich für Freiheit einzustehen.

Passend zur bevorstehenden Bundestagswahl ist mir ganz wichtig: Nutzt eure Chance und geht wählen. Wählt Freiheit vor Unfreiheit, Gleichberechtigung vor Diskriminierung, Toleranz vor Ausgrenzung und Großzügigkeit vor Hass. Uns ist diese Chance gegeben. Der Iran war auch einmal ein offenes Land mit weitgehenden Freiheiten, dann kam ein gewaltsamer Umbruch und mit ihm diese Regierung und alles hat sich radikal verändert. Es beginnt mit der Diskriminierung von Minderheiten und endet im Desaster. Das hatten wir schon einmal. Lasst nicht diese AfD-Hohlköpfe entscheiden, was für ein Deutschland wir wollen. Entscheidet selbst und im Wissen, dass alle kulturen ihre Schönheiten und ihre Relevanz haben. Seid großzügig und menschllich, anstatt hasserfüllt und ängstlich. Wählt Freiheit.