Balkan Treats – Folge 1

An unserem letzten Abend in Graz und somit dem letzten Abend, an dem wir (fast) ohne Probleme alles verstehen können, was auf Schildern steht oder jemand sagt, wird mir ein wenig mulmig – wie wird´s wohl werden auf dem Balkan?

Love Slowenia!

7 Tage später sitze ich in einer schicken Wohnung mitten im vibrierenden Belgrad und muss mal wieder über mein inneres Angstschaf lächeln, dessen Alarmglocken sofort losbimmeln, wenn es aus seiner Komfortzone heraus muss. Dann schlottern die dünnen Hammelbeine und es malt sich die grauenhaftesten Szenen von überfüllten Landstraßen mit riesigen Lastwägen, die das Tandem von der Straße schieben, aus. Mein Angstschaf ist nämlich nicht nur eine Memme, sondern auch nicht besonders helle und voller Vorurteile, wie “die auf dem Balkan” so sind.

Ich habe gelernt das arme Ding einfach nachsichtig anzulächeln, mich nicht von seinem bibbernden Blöcken beirren zu lassen und mich voll Zuversicht in den nächsten Tag zu werfen. Ich habe das nie bereut – auch dieses Mal nicht. Darf ich vorstellen: Unsere Balkan Treats:

Slowenien

Wir waren leider nur ca. 40 km in Slowenien unterwegs, dafür durften wir eine wunderbare Nacht bei einer Familie über Warmmshowers verbringen – und das auch noch von Ostersamstag auf Ostersonntag! Kritsijan, Pika und ihre beiden zuckersüßen Töchter Hana und Lana haben uns wie alte Freunde empfangen und uns mit leckerem Essen, selbstgemachten Ostereiern und interessanten Gesprächen (die beiden Erwachsenen sprechen geschliffenstes deutsch) verwöhnt. So habe wir einiges über dieses 2 Mio. Land lernen dürfen und den Osterhasen ertappt, wie er im Garten Blumensamen für Hana und Lana versteckt hat, das Langohr!

Gleich nach der Abfahrt treffen wir dann auf Maria und Sascha, die selbst eine Rad-Tour von Graz nach Montenegro machen und fahren den Tag zusammen. Abends können wir uns nicht trennen und verbringen noch einen Abend am Lagerfeuer und einen Ostermontag-„Brunch“ zusammen.

Kroatien

Wir sind 4 Tage durch den ländlichen Norden von Kroatien geeiert und es war herrlich! Überall wunderbare Zeltplätze und Landschaft, die zum Meditieren einlädt: Feld, Feld, Wiese, Rapsfeld, Dorf, Dorf, Haus, Haus, repeat.

Zwischendurch gabs auch Menschen. Man sitzt z.B. sehr gerne allein oder in Gruppen (manchmal auch nach Geschlechtern getrennt) vor seinem Haus und guckt, was da so los ist auf der Dorfstraße. Wir durften hier so einige herunterklappende Kiefer beobachten sowie herzliches Gejohle und Gelächter. Außerdem herzzerreißende Freude, wenn wir unsere beiden gelernten Wörter: Dobre dan = Guten Tag oder Hvala = Danke vorgebracht haben.

Irgendwann wurden die Straßen dann wieder größer und befahrener und der Gegenverkehr hatte verdächtig viele Radträger auf den Autodächern. Es gab auch erstaunlich viel Polizei und Streckenposten mit gelben Westchen. In der nächsten Stadt fragt sich die Stadtkappelle dann sichtlich ob wir jetz die Fahrradfahrer sind, denen sie ein Ständchen darbieten sollen – wir kommen ja aus der falschen Richtung. Wir halten kurz, bekommen je ein Fan-Fähnchen mit Tour of Croatia in die Hand gedrückt und warten bis die Spitzengruppe durch die Kurve fährt. Daniel ist begeistert, wie ihr dem Film entnehmen könnt und den Rest des Tages höre ich nur noch: “Auf Schätzele, jetzt nicht nachlassen – Attackeeee” Dabei duckt er sich vor mir und tritt voll in die Pedale. Ich tu ihm den Gefallen und schiebe meine Nasenspitze an seine Pobacke – Tandemwertung check!

Nach so viel Aufregung und Sprints gönnen wir uns im schönen Osijek, nahe der Grenze zu Serbien das erste Mal ein Hotel. Wir sind im ehrwürdigen Hotel Central mitten auf dem Hauptplatz abgestiegen. 20-er Jahre Charme und das erste Mal schlechter Kaffee seitdem wir Deutschland verlassen haben inklusive. Das ist aber auch der einzige allerkleinste Wehrmutstropfen.

Ein besonderes Erlebnis ist auch, als ein wild winkender Mann neben uns auf die Gegenfahrbahn zieht. Es ist Dragun, ein Kroate, der 2 Tage zuvor an einer Bushaltestelle, an der wir gerade Mittag gemacht haben,  gehalten und uns zu unserer Reise beglückwünscht hat. Er ruft sofort seiner Frau an und ist so aus dem Häuschen, dass Daniel kurzerhand noch einen Schal um den Hals bindet. Dann düst er wieder ab – er hat noch einen geschäftlichen Termin.

Daniel bekommt einen warmen Schal von Dragun geschenkt.

Und  mein Angstschaf? Das findet all diese Balkan-Vergnügen auch super und springt gerade glücklich mähend über eine grüne Wiese – bis es wieder irgendwas findet, vor dem es  Angst haben  kann. Ich informier euch wenns soweit ist – dann könnt ihr  mir helfen ihm die flauschigen Schafsohren langzuziehen!