Vor einem Jahr gings los, wir sind mit ein paar von unseren Freunden die ersten 40 km unserer Reise getrampelt. Jetzt sitzen wir auf dem Container-Schiff nach Hause. Dazwischen liegt einiges und wir wollen unseren letzten Rückblick starten.
Zunächst fühlen wir auf dem Schiff, was wir geleistet haben. Wir fahren fast auf direktem Weg zurück nach Europa, fahren Tag und Nacht mit konstanten 30 km/h, brauchen keine Essens- oder Schlafpausen zu machen, sondern nur 24 Mann, die sich in drei Schichten abwechseln und es dauert immernoch 15 Tage bis nach Südeuropa.
Dabei kommen wir im Schnellverfahren durch Zeitzonen, die wir auf dem Hinweg bereits durchradelt haben. Diesmal sind wir jedoch deutlich südlicher unterwegs und wir kommen an Indien, Pakistan und an vielen Ländern Afrikas und des mittleren Osten vorbei. Irgendwie fühlen wir uns also würden wir doch eine Weltreise machen, einfach nur ohne an Land zu gehen:)
Was hinter uns liegt, ist kaum in einen Satz zu packen. Es ist ein Jahr voller neuer Erfahrungen, voller Berge und Täler, voller Begegnungen, Stille und Freude. Wir blicken mit Erstaunen, Dankbarkeit und ein kleines bisschen Stolz darauf zurück es wirklich geschafft zu haben, was wir uns vorgenommen hatten.
Gleichzeitig ist da dieses Gefühl von Kontinuität oder im Fluss stehen. Weil wir nie ganz damit gerechnet haben es wirklich zu schaffen und den Weg als Ziel begriffen haben, ist es zwar erstaunlich, dass wir da sind, aber es ist nicht so, als hätte man eine große Aufgabe abgehakt. Es ist eher ein Fließen an Dingen und jetzt sehen wir voller Freude Matze und Nana vor uns stehen. Aber es geht eben auch weiter. Da ist noch dieser Rest der Reise, auf den wir uns auch freuen. Das langsame zurückschippern nach Europa. Wir sind neugierig auf das Schiff und wir freuen uns auf so manches in Europa.
Wir freuen uns, dass wir keine Visa mehr zu beantragen haben, sondern über das Privileg einfach mit unserem Ausweis nach Europa einreisen können. Wir haben immens zu schätzen gelernt, was es bedeutet sich so frei bewegen zu können, wie man es in Europa kann. Nicht nur physisch.
Wir freuen uns auf die frische Luft in Europa, das Gefühl auch mal ein wenig zu erschaudern. Wir freuen uns auf Wein, darauf, dass Bier nicht kriminalisiert wird und auf all die neuen Leckereien, die wir auf Malta und Sizilien entdecken werden.
Auf dem Schiff schaffen wir uns unseren eigenen Alltag. Wir bauen uns unsere eigenen individuellen Sportprogramme zusammen. Unsere Körper brauchen vielleicht den Ausgleich oder aber wir sind bereits schon wieder so erholt von den 11 Monaten, in denen wir fast jeden Tag 5 Stunden auf dem Rad verbracht haben, dass wir einfach das Bedürfnis haben zu sporteln. So genau wissen wir das nicht.
Ich schreibe außerdem viel, weil ich die Chance nutzen möchte so viel Ruhe und vorhersehbaren Alltag zu haben, ich auch nicht vergessen möchte und nicht übermannt werden will von all den Aktivitäten, die zuhause auf uns warten. Daniel liest viel und hört Podcasts, wir quatschen mit der Crew und unserem Mitpassagier Bruce.
So langsam beginnt auch wieder unser Paar-, anstatt nur Tandempartnersein. In Yogya war deutlich zu spüren, dass es an der Zeit ist, dass wir wieder einmal getrennte Stunden, Abende, Tage verbringen, damit jeder seine eigenen Interessen verfolgt. Auf dem Schiff ist genug Platz, sodass wir getrennt Sport machen, quatschen und für uns sein können. Auch das ist wunderbar, nach einer langen Zeit, in der wir sehr aufeinander angewiesen waren.
Viele Frage uns nach unserer Zukunft, wenn wir runter sind vom Schiff. Dieser sehen wir trotz der Tatsache, dass es nur noch einen Monat dauern wird, bis wir wieder da sind, entspannt entgegen. Wir lassen uns nicht von Anfragen dazu bewegen mehr über unsere Zukunft nachzudenken, als wir wollen. Wir haben ein ereignisreiches Jahr hinter uns und vieles davon haben wir noch nicht sortiert, eingeordnet und verdaut. Wir möchten die Chance nutzen, langsam wieder in den europäischen Way of Life zu kommen und uns dabei die Sachen bewahren, die wir so zu schätzen gelernt haben. Eine davon ist eben das Leben auch einmal laufen zu lassen, ohne den Impuls ihm vorgreifen zu müssen. Das genießen wir, auch weil wir es können und z.B. keine finanziellen Verpflichtungen haben, die wir bedienen müssten. Das macht unser Leben einfacher und so wie wir einfach gegangen sind, wollen wir auch wiederkommen. Im Vertrauen, dass alles gut kommt. Wir freuen uns darauf wieder neue Aufgaben und Herausforderungen zu finden, uns vielleicht einen neuen Ort zum Leben auszusuchen. Wir freuen uns aber auch auf die gewohnten Dinge und schauen voller Vorfreude auf Zuhause Richtung Westen. Aber auch das ohne zu viel Erwartungen. Wir bleiben dabei. Der Weg ist das Ziel. Wie heißt es so schön: Leben ist das, was passiert während man andere Termine macht. Wir sind gespannt, wie lange wir unseren Fokus halten können, wenn wir wieder da sind. Aber darüber machen wir uns eben Gedanken, wenn es soweit ist.
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