Endlich Indonesien #5

Nana, Matze, Daniel und ich grooven uns in einem legeren WG-Modus ein und verbringen so viel Zeit miteinander wie zwischen Renovierung und Imigrasi-Besuchen bleibt. Wir hoffen alle, dass Daniel und ich unsere Pizza im neueröffneten Nanamia vertilgen können und geniessen unsere wertvolle Zeit miteinander.

Am unserem ersten Sonntag haben auch Nanna und Matze frei und wir lümmeln den ganzen Tag zuhause rum, bis wir abends noch zusammen mit Eka und Mirko grillen. Es gibt Kartoffelsalat, grünen Salat und Steak – alles Dinge,diewir schon lange nicht mehr zu Gesicht bekommen haben. Als Vorspeise frönen Gorengan (frittierte Snacks, sehr indonesisch, die man normalerweise mit einer rohen Chilli zusammen isst.)

Daniel muss das Abendessen abrupt verlassen, weil ihm schwindelig ist. Er hat außerdem Gliederschmerzen und wir messen Fieber, um Dengue ausschliessen zu können – wir beide hatten das “Knochenbrecherfieber” schon einmal in Indien und ich musste drei Tage im Krankenhaus Infusionen bekommen. Keine schöne Aussicht für unsere Zeit in Yogya.

Daniel besteht darauf sich am Montagmorgen trotzdem der Imigrasi-Odyssee zu stellen.Wir stehen um 6 auf, um um 7 mit angemessener Kleidung am Immigrationsbüro, wo wir unser 30-Tage Touristenvisum verlängern wollen. Leider macht es erst um halb 8 auf und um 8 beginnt erst die Bearbeitung. Google weiss eben nicht alles in Indonesien. Also warten wir schon eine Stunde, bis wir die Papiere bekommen, die wir ausfüllen sollen, dann warten wir eine weitere Stunde bis ein Zettel an den Schalter geklebt wird: “Wir haben Systemprobleme. Bitte entschuldigen Sie die Unannehmlichkeiten.” Mir ist sofort klar, dass das er indonesische Code für: “Heute geht nichts mehr.” ist. Daniel sträubt sich noch ein wenig gegen diese Wahrheit und ist erst zufrieden als ich die Beamtin frage, ob unsere Unterlagen komplett zur Einreichung sind und ob wir dann morgen wiederkommen können. Sie nickt freundlich und so eiern wir unverrichteter Dinge wieder nach Hause. Das ganze wird sich noch die ganze Woche hinziehn. Am Ende werden wir viermal zum Kantor Imigrasi gedüst sein, um die Verlängerung zu bekommen. Welch Ineffizienz. Ich muss wieder an die armen Indonesier denken, die in so einem System tatsächlich ihr Leben bestreiten müssen. Dass die Korruption unter diesen Umständen hier floriert wundert mich keineswegs.

Daniels Körper kämpft 3 Tage verstärkt mit irgendwas und er schläft viel, danach geht es ihm wieder gut, aber er ist trotzdem zum Langschläfer mutiert, sonst gar nicht seine Art, aber 11 Monate radeln haben eben doch Spuren hinterlassen und es ist wunderbar sein zerknautschtes Gesicht morgens zu betrachten, wenn er zur Kaffeemaschine schlurft. Ich beginne nach einer Woche Pause wieder zu joggen (ganz fieser Muskelkater) und Übungen zu machen, weil ich mich sonst nicht wohl fühle. Ich genieße es genug Platz zu haben ohne Daniel stören zu müssen.

Die Arbeiten in der zweiten Pizzeria ziehen sich auch 3 Wochen nach Beginn der Arbeiten immernoch hin und so langsam werden Nana und Matze unruhig, weil sie bereits neue Leute eingestellt haben und die alten ebenfalls weiterbezahlen während des Umbau, aber noch keine Neueröffnung und somit auch kein Umsatz in Sicht ist. Sie sind gerade ausgezeichnet worden, als zweites Restaurant in ganz Indonesien, das vorbildlich arbeitet in Bezug auf Mitarbeiterentwicklung, Rechnungslegung und vieles mehr. Sie bezahlen Mitarbeitenden ab einer bestimmten Länge der Betriebszugehörigkeit eine Krankenversicherung (ganz, ganz unüblich in Indonesien), Gewinnbeteiligung und ein 13.Monatsgehalt. Die meisten ihrer Mitarbeitenden sprechen englisch und jeder bekommt die Möglichkeit sich weiterzuentwickeln ohne einen Onkel in den höheren Positionen zu haben.

Ich bin beeindruckt, was die beiden hier zusammen weiterentwickelt und neu geschaffen haben und ich habe besonderen Respekt vor Nana, die eine der Pizzerien bereits vor 10 Jahren eröffnet und ihre Frau gestanden hat in einer erstickend patriarchalischen Gesellschaft. Man muss viel Durchhaltevermögen, Rückgrat und Geduld haben, um mit einem Restaurant in Yogya jahrelang erfolgreich zu sein. Matze hat sicher vieles von seiner Erfahrung einbringen können, von seiner Ausbildung in der Traube Tonbach, über seine Erfahrungen in Belgien und anderswo, trotzdem musste auch er sich an indonesische Art Dinge zu tun gewöhnen oder akzeptieren, das so manches ander läuft. Es hat ihn ruhiger und geduldiger werden lassen.  Und so sehe ich heute ein wunderbares Paar, das es schafft zusammen zwei Restaurants mit insgesamt 90 Mitarbeitenden zu führen und sich – trotzdem – zu lieben. Chapeau.

Nana und Matze sind also voll eingebunden in der Renovierung und bringen abends oft keine guten Nachrichten. So langsam sieht man den Stress den beiden auch körperlich an. Tiefe dunkle Säcke unter den Augen, der sonst so fidele Matze muss manchmal auch schon mit uns anderen “Gute Nacht” sagen. Die beiden versuchen sich trotzdem rührend um uns zu kümmern. Wir freuen uns jedoch schon über die Zeit, die sie morgens und abends für uns haben. So machen Daniel und ich ein paar kulturelle Ausflüge in Yogya, ich versuche Daniel ein wenig von der jawanischen Kultur nahe zu bringen. Leider ist es ihm zu heiß und er ist immernoch angeschlagen, sodass ich bald entnervt aufgebe. Es ist sehr schwer die eigenen Erwartungen dem anderen nicht aufzuzwingen, wenn man genug Zeit hatte sich zu überlegen, was man dem anderen aus einem früheren Leben gerne zeigen würde. Ich bin enttäuscht von Daniels Neutralität bezüglich der Vorschläge, die ich für Ausflüge mache.