Wir sind schon 2 Wochen unterwegs. Dabei sind wir bereits durch 2 Länder gefahren: Bayern und Österreich. Was uns daran am besten gefallen hat: Die Menschen.
Da tritt man so in die Pedale und denkt noch: Jetzt erstmal noch n Stückchen Deutschland und Österreich und dann wirds erst echt anders mit der Sprache und so. Mmmh is klar. Kaum haben wir die Iller überschritten und somit bayerisches Staatsgebiet betreten, heißt es nicht mehr Gemeinde soundso auf den Ortsschildern, sondern Markt soundso und am Eingang des „Marktes“ begrüsst einen ein „Grüß Gott in…“. Was wir sofort merken: Ganz im Gegenteil zur landläufigen Meinung sind die Menschen, die wir in den Dörfern treffen offen und herzlich und haben immer einen Spruch auf Lager.
Drei Begebenheiten dazu:
Wir stehen unter einem ausladenenden Bauernhausdach unter, da ein plötzlicher Platzregen die Weiterfahrt ungemütlich wirken lässt. Nach einer Weile geht ein Fenster des Bauernhauses auf und nach einem zünftigen Grüß Gott legt man uns folgende Bauernregel nahe: „Wiaft des Wassr Blasn, wirds drei Tage regnen.“ Fenster wieder zu. Wir überlegen. Und tatsächlich bilden sich Blasen in den Pfützen durch das herabbrasselnde Nass. Wir können also nur noch hoffen, dass die Prophezeihung nicht stimmt, sonst kommen wir hier nie wieder weg.
Dorfladen auf dem Weg. Wir treten ein, zwei Damen hinter der Theke. Die eine schranzt Daniel an: „Ka ma di a miataan?“ Daniel schaut verdutzt bis verängstigt zu mir und ist sich wohl nicht sicher, ob dies ein unmoralisches Angebot sein soll von der stattlichen Frau, die sicher einen Kopf grösser ist als er. Die Dame hinter der Theke lässt ein kehliges Lachen hören und versucht es nochmal: „I mein, i bin no nia auf so nem Radl gsessn – kann man dia miatn zum mitfahrn?“ Daniel erwacht aus seiner Schockstarre und grinst, ich sage: „Klar, man muss ihm nur genug Schoki geben, dann macht er alles.“ Jetzt kichern beide Damen hinter der Theke und Daniel verschanzt sich hinter dem nächsten Regal, wo er das Ganze wohl aussitzen will. Das funktioniert ganz gut und wir kommen ohne Probefahrt davon.
Ein alter Hof mit Schnaps-Brennerei über dem Chiemsee. Wir sollen hier bei Nachbarn einen Schlüssel abholen, damit wir bei einer Warmshower-Station übernachten können, die sich grade selbst im Urlaub in Italien befindet. Das ist bereits kurios genug eigentlich. Auf dem Hof läuft zünftige Volksmusik aus dem Radio und wir kingeln. Eine ältere Dame öffnet die Tür, schaut uns freundlich aus ihren stahlblauen Augen an und fragt tatsächlich: „Was wünschen die Herrschaften?“. Ich schaue kurz an mir hinunter um sicherzugehen, dass ich keinen Reifrock trage, lächle zurück und sage: „Äh, ja, wir sind Freunde von Jeannie und würden gerne den Schlüssel für die Wohnung abholen.“ Sie weiss leider nichts von Jeannie oder einem Schlüssel, nutzt aber die Gelgenheit, um sich bei mir unterzuhaken und mich nett aber bestimmt quer durch den Flur zu schleifen und mir ihre Schatztruhe zu zeigen: ein Raum voller Schnaps. Sie erklärt mir wieviel Kräuter man für so und soviel Schnaps braucht und am Ende nehme ich einen kleinen Flachmann Brombeer-Likör mit – man weiss ja nie ob dieser Schlafack wirklich so warm ist, wie da draufsteht. Sie ist zufrieden und übergibt an ihren Sohn, der inzwischen aus dem Schafsstall aufgetaucht ist und uns das Nachbarhaus zeigt, in dessen idylllischen Garten wir unser Zelt aufspannen dürfen.
Wir wechseln dann so langsam das Land und brausen an der Salzach entlang durch Salzburg. Dann der erste Fauxpas: Wir setzen uns in ein schnikes Kaffeehaus in Hallein und bestellen platt einen „Kaffee“. Man schaut uns verdutzt an und uns fällt siedend heiss ein: wir sind im Land der Kaffeespezialitäten und da gibt es nicht einfach „Kaffee“. Das Servierfräulein zählt uns nochmal alle Kaffeesorten auf, während die umsitzenden Gäste betreten wegschauen. Erste Verletzung der österreichischen Bräuche: Check! Wir schämen uns für unsere deutsche Kartoffeligkeit und schlürfen brav unseren „Verlängerten“.
Umso weiter wir in Österreich vordringen, umso mehr brüllt es von allen Seiten, egal ob vom Gehsteig, aus dem Café oder aus dem offenen Fesnter im 2. Stock: „Grrrriässss diiii!“. Wir brüllen fröhlich zurück: „Grüß Gott“ oder „Hallo“ wir sind schliesslich schweizerfahren und geben uns nicht schon wieder die kulturelle Blösse einen Gruss in der Du-Form zu erwiedern. [In der Schweiz wird grob zwischen „Hoi“ für jüngere und Kinder und „Grüezi“ -wenn es eine Person oder „Grüezi mitenand“ – wenn es zwei oder mehr Personen sind, unterschieden. Der Schweizer findet es extrem witzig, wenn man z.B. zu einem Kind „Grüezi“ sagt und kann auch mal leicht pikiert sein, wenn man einem Erwachsenen ein „Hoi“ entgegenschmettert.] Wir wiegten uns also auf der sicheren Seite mit unseren Antworten, bis man uns in Schladming erklärte, dass man zu jedem und allem „Grias di“ sagen darf. Da ist man nicht so in Österreich. Trotzdem fühlt es sich irgendwie unflätig an, wenn man eine deutlich über 70-jährige Omi mit „Grias di“ anblärrt. Aber das nette Grinsen zeigt: Alles im Butter.
Alles in allem haben wir also schon viele kulturell wertvolle Erfahrungen gemacht und einmal mehr außergewöhnlich tolle Menschen getroffen. Ach ja – die Landschaft ist auch atemberaubend, wie ihr auf den Fotos eventuell erahnen könnt! Also ab nach Österreich oder Bayern. Es lohnt sich – auch ohne Radlerhosen!
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