Leute machen Kleider

Das Thema Textil hat mich das ganze vergangene Jahr stark beschäftigt. Wir haben bei Filme für die Erde einen Fokus auf dieses Thema gesetzt. Mit dem explosiven Film The True Cost, den wir beim Filme für die Erde Festival Jugendlichen im Schulkino, aber auch Erwachsenen als Hauptfilm präsentierten, mit einem Booklet, in dem wir den ganzen Textilkreislauf aufzeigen, aber auch Handlungsoptionen geben.

Für mich persönlich war der Umstieg auf faire und ökologische Mode schon vorher klar. Die eingestürzten Fabrikhallen in Bangladesh und anderswo und die schon fast peinlich billigen Klamotten, die man bei H&M kaufen kann – irgendwie war doch klar, dass da was nicht stimmt.

Ich habe viel gelesen. Über Dörfer in Indien, in denen das Wasser in allen Regenbogenfarben leuchtet, weil die Textilien dort gefärbt werden und das Abwasser ungeklärt in die Flüsse geleitet wird. Über 14-jährige Mädchen in China, die ihr Dorf verlassen, um in den Städten 14 Stunden Schichten und mehr zu schieben. Sie nähen bis zur vollständigen körperlichen Erschöpfung. Und sich gegenseitig wieder  aufwecken müssen, damit der Chef nichts mitbekommt. Schlafen zu acht in einem Zimmer mit Stockbetten und null Privatsphäre. Mütter, die ihre minderjährigen Kinder mit in die Fabriken nehmen müssen, weil sie niemanden haben, der auf sie aufpasst und die Kinder zehn Stunden am Tag der Mama beim nähen zusehen. Kein Betriebsrat, keine Rechte, wer nicht näht flieg raus und wer sich darüber beschwert, dass der Lohn nicht rechtzeitig ausbezahlt wird, bekommt ihn erst recht nicht.

Und wofür? Für T-Shirts, die vier Euro kosten und in überfüllte Kleiderschränke gestopft werden.

Für mich persönlich ist der Textilsektor der Devil. Er ist das erschreckende Beispiel dafür, wie Menschen sich kaputt schuften, um für andere etwas herzustellen, das sie gar nicht brauchen. Er ist die Mutter der Ungerechtigkeit.

Ich hatte keine Lust mehr da mitzumachen. Es ist wie immer: Hat man einmal etwas verstanden, dann kann man nicht mehr zurück. Also hörte ich auf konventionelle Mode zu kaufen. Das war am Anfang ziemlich schwer. Meine modebewussten Freundinnen hatten immernoch die neusten Teile von Zara und Co. und jede Woche ein neues. Ich kam mir in meinen alten Jeans und Shirts ziemlich gammlig vor und musste mich ein paar mal fragen, ob es den ArbeiterInnen in Indien und anderswo wirklich so schlecht geht oder ob ich nicht doch mal wieder ein Teil einer konventionellen Marke shoppen könnte. Das Schlimme ist ja, dass nicht der Preis, den ein Teil hier in Europa hat bestimmt, ob es gut oder schlecht hergestellt wurde. Hier unterscheiden sich H&M, Esprit, Benetton (ja die mit den süßen Kindern auf der Werbung), Diesel und Prada, Versace, Armani kein bisschen. Alles lassen potentiell in denselben Fabriken unter menschenunwürdigen Bedingungen produzieren. Man weiss also als Verbraucher gar nicht, wo man sicher sein kann, dass es anders läuft. Ausser man hält sich an nachhaltige Zertifizierungen. Viele Shops treffen aufgrund dieser Zertifizierungen eine eigene Selektion und man kann dort dann bequem einkaufen.

Ich habe sehr, sehr viel Zeit darin investiert all diese Informationen zusammenzutragen, habe recherchiert und gelesen. Was ich nun mit euch teilen möchte sind all die Links zu nachhaltigen Modelabels und  -shops.

Es wird euch am Anfang eventuell nerven, dass ihr die Klamotten nur online bestellen könnt oder es nur den einen Laden in eurer Stadt gibt, der nur ein paar Labels führt. Oder ihr werdet erst herausfinden müssen, dass ihr bei ArmedAngels immer eine Nummer kleiner bestellen müsst, als ihr sonst tragt. Und ihr werdet eventuell am Anfang noch in den Malls herumschleichen und auch mit leuchteten Augen die neusten Kollektionen anschauen und wehmütig daran denken, wie hot ihr darin aussehen würdet. Andererseits musste ich dann immer wieder daran denken, dass es einfach die falsche Entscheidung wäre. Dass ich damit ein System unterstütze, das 52!!! Kollektionen im Jahr herausbringt, das mich dauernd vor sich herschiebt und mir vorgaukelt ich sei nur wertvoll, wenn ich auch die nächste Kollektion trage. Ein System, das Menschen ausquetscht und sie entwürdigt und dann noch den Nerv besitzt die Sachen hübsch im Schaufenster zu drapieren.

Für mich ist die Umstellung auf nachhaltige und faire Mode inzwischen eine Vereinfachung meines Lebens. All die Malls und Läden sind grösstenteils uninteressant für mich, weil sie nichts führen, das meinen Kriterien entspricht. Das gibt mit mehr Zeit mit meinen Freundinnen einen Kaffee trinken zu gehen oder zuhause online wirkliche Alternativen zu suchen. Ich suche deshalb auch genauer und kaufe nichts, das ich nicht brauche. Ich kann zu jedem meiner fairen Teile eine Geschichte erzählen, weiss genau über die Labels Bescheid. Kann online nachsehen, welcher Schneider mein Oberteil genäht hat und bekomme oft Komplimente für meine Outfits. Meist sind diese auch nicht teurer als Teile, die konventionell in einem höherpreisigen Segment hergestellt werden.

Und das wichtigste: Ich unterstütze ein System, in dem faire Arbeitsbedingungen, ökologischer Anbau der Baumwolle und die Kreativität und Arbeit eines anderen wertgeschätzt wird. Das unterstütze ich gerne, den Leute machen Kleider. Leute wie du und ich. Sie sind nur in einem anderen Land geboren.

Probier´s mal aus. Ein paar Tipps:

Online-Shops mit verschiedenen Marken und vielen Infos zum Thema:

Meine Top-Marken:

Für Outdoor Fans:

For men:

Läden mit und ohne Online Shop:

Schweiz

Deutschland

Shops nach Stadt finden: http://www.getchanged.net/de/stores/partner-stores/

Weitere Marken:

und viele, viele andere – finde deinen Liebling!

Zertifizierungen:

Links zum schmökern:

Eine kleine Ergänzung: Auf Tauschbörsen und Flohmärkten einzukaufen, macht für mich nur Sinn, wenn dabei gleichzeitig ein Umdenken geschieht. Die Kleidungsstücke, die hier gehandelt werden, sind grösstenteils unter den gleichen fiesen Arbeitsbedingungen hergestellt, wie oben beschrieben. Ihr sozialgerechter Anteil wird also nicht grösser, nur weil man sie nicht selbst gekauft hat. Auch hier bleibt der Anspruch bestehen, dass die Kleidungsindustrie ihr Verhalten ändern muss. Und wir. Zwar ist der Wiederverwert – und  Tauschgedanke hinter den Börsen und Märkten sehr gut, nur ist auch hier ein „weniger ist mehr“ angesagt, z.B. indem man sich für jedes gekaufte Teil  wieder von einem alten trennt.

Online-Flohmärkte: