Was bleibt nach 10 Jahren Beziehung? Grosser Schmerz, ganz viele Erinnerungen und die Aufgabe sich neu zu erfinden. Daniel und ich haben uns vor über einem Jahr getrennt. In Freundschaft, wie man so schön sagt. Ob das gut ist für unsere jeweiligen Heilungsprozesse, vermag ich nicht zu beurteilen. Ich möchte hier nicht unser Innerstes ausbreiten. Wenigstens nicht ganz. Aber es ist mir wichtig diese Erfahrung zu teilen. So wie wir auch immer alles Schöne mit euch geteilt haben. Also los.
Oktober 2021: Ich stehe vor dem gepackten Lieferwagen von unserer ehemals gemeinsamen Wohnung. Ich höre Daniel bis auf die Strasse weinen. Es bricht mir das Herz. Und trotzdem muss ich diesen Weg gehen. Neue Wohnung, gleiche Stadt. Die Stadt, in die wir gemeinsam gezogen sind. Ich ziehe in meinen Städtertraum. Altes Bauernhaus mitten in der Stadt mit einer jungen Familie.
Einen Monat später. Wir sitzen beim Inder und meine Tränen tropfen in mein Palak Paneer. Daniel hält immer wieder meine Hand und versucht mich zu trösten. Ich heule trotzdem weiter und versuche dabei zu lächeln. Wie betrauert man eine verlorene Liebe?
Zwei Monate später. Ich bin bei Daniel in unserer alten Wohnung und helfe ihm die letzten Sachen zusammenzupacken. Er zieht mit einem Freund zusammen. Immernoch dieselbe Stadt. Lustigerweise wohnen Freunde von uns direkt über dieser Wohnung. All die gemeinsamen Abendessen.
Inzwischen haben es hoffentlich alle mitbekommen, dass wir nicht mehr zusammen sind. Sich all diesen Fragen, all den aufgerissen Augen, all dem Unglauben zu stellen ist zäh. Wie soll man denn erklären, warum eine Liebe geht? Weil es nicht dieselben Zukunftspläne gibt, weil weil weil. Ich verstehe, dass die Menschen, unsere Freunde, unsere Familie verstehen wollen. Aber haben sie auch verstanden, was unsere Liebe ausgemacht hat? Ich glaube kaum. Das ist etwas vom Innersten, vom Geheimsten. Etwas, dass nur die Liebenden wirklich verstehen. Fühlen. Wie erklärt man also, dass es aus ist? Wie macht man dem Gegenüber begreiflich, was so subtil, so zerbrechlich, so flüchtig ist, wie Liebe. Wir können ja nicht mal das Phänomen selbst erklären, wie soll man seine Abwesenheit erklären?
Und nebenbei bringt einen ein bestimmter Geruch, ein vertrautes Geräusch, ein aus Gewohnheit gedachter Gedanke, ein Bild im Kopf sofort völlig aus der Fassung. Man heult im Zug, man kämpft mit den Tränen, wenn man ein Eis holt, man fühlt sich so verletzlich wie ein Scampi ohne Schale. Und niemand kann einem helfen diesen Schmerz zu lindern. Man hofft auf die Zeit. Man macht die Dinge weiter, von denen man denkt, dass man sie mag. Aber irgendwie macht alles keinen Sinn. Tränen beim Wäsche aufhängen, weil man nach 10 Jahren nur noch seine eigenen Unterhosen aufhängt. Tränen beim selten gewordenen Kochen, weil man wieder viel zu viel für eine Person gekocht hat und wieder die ganze Woche davon essen muss.
Und dann: wir beide finden eine neue Liebe. Wieder Zweifel. Haben wir uns die letzten Jahre etwas vorgemacht? War das alles Gewohnheit? Alles nicken, lächeln und weiter? Soll man es nicht nochmal probieren? Was will man zurückholen? Etwas, das es nicht mehr gibt. Aber so schön gewohnt war. So bequem, so lustig, so smooth. Man muss sich der Realität stellen: wir sind nicht mehr die Menschen, die sich einmal ineinander verliebt haben. Wir sind andere. Und wir passen deswegen einfach nicht mehr zusammen. Nicht als Paar. Wir können einander nicht mehr geben, was wir brauchen, um uns, um unsere Beziehung weiterzuentwickeln. Es ist wie gegen eine Mauer zu fahren. Alles anders. Und man denkt das ist das Ende. Alles umsonst, alles was wir uns erschaffe haben, liegt in Scherben.
Langsam, ganz langsam heult man sich abends nicht mehr in den Schlaf. Erwischt eine Erinnerung einen nicht mehr kalt. Man kann wieder lächeln. Es gibt auch mal wieder andere Gesprächsthemen als die Trennung. Man kann sich wieder auf seine Arbeit konzentrieren, anstatt teilnahmslos auf den Bildschirm zu starren. Man nimmt wieder Teil am Leben. Nur noch manchmal trifft einen die Warum-Frage. Und sie wird schwächer.
Ich für meinen Teil habe eine radikale Veränderung gebraucht. Raus aus der WG, rein ins Paarleben. Dorf statt Stadt. Ruhe statt Rummel. Alle neu. Neustart. Ich hab mal irgendwo gelesen: aus den Scherben meines Lebens baue ich eine Discokugel. Ich tanze unter ihr. Bin glücklich. Und versöhnt. Daniel und ich haben wunderbare Zeiten erlebt, viel voneinander und miteinander gelernt. Aber jetzt ist einfach etwas anderes dran.
Und das Tandem? Das steht noch im Keller unserer alten, gemeinsamen Wohnung. Illegal! Wir haben entschlossen es zu verkaufen – oder doch nicht? Auch das ein sichtbares Überbleibsel unserer Beziehung. Und es gibt noch eines: Mein Buch »Ein Paar, ein Tandem und 15.000 km bis nach Indonesien«. Es erscheint am 22. März 2023 im Goldmann Verlag und ich erfülle mir damit einen Lebenstraum: ein Buch schreiben. Punkt.
Was bleibt also? Ein Tandem, ein Buch und hoffentlich irgendwann eine Freundschaft.
Danke Daniel.
Falls ihr das Buch erstehen wollt, könnt ihr es vorbestellen. Am besten beim Verlag direkt. Dann weiss ich nämlich wieviele bereits bestellt sind. Im Moment sind es 800. Nicht schlecht für einen Erstling, finde ich. Jipi.
Ansonsten möchten wir euch ans Herz legen zu eurer/m Buchhändler*in eures Vertrauens zu gehen und das Ding zu kaufen. Ich liebe all diese Buchliebhaber, die kaum was verdienen, aber dir jedes Buch nacherzählen können. Der Kauf über Amazon ist verboten. Ich konnte den Verlag nicht überreden es nicht auch dort anzubieten, aber ich finde den Verein einfach zum Kotzen. So.
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