Geht reisen – so viele Liebeserklärungen bekommt ihr nie wieder!

Wir haben es endlich getan – wir sind losgeradelt! Am Samstag, den 01.04. ging es vor unserer Haustür los und 3 Tagesetappen später  sind wir in München angekommen. Dies ist unsere erste Zwischenstation, an der wir nochmals liebe Freunde und Familie treffen und an der wir die letzte Zeit vor der Abfahrt Revue passieren lassen können.


Die letzten zwei Wochen vor Abfahrt waren wir frei – unsere Jobs waren gekündigt und wir hatten “nur” noch den ganzen Orga-Kram zu bewältigen, der mit so einer Reise einhergeht – Krankenversicherung abschliessen, letzte Ausrüstung kaufen, Wohnung ausräumen und gründlich schrubben für den Zwischenmieter.

Dazwischen gab es immer noch Platz für Kaffeepläuschchen, Abendessen-Potlucks und spontane Spaziergänge im glücklicherweise bereits erblühenden Frühling. Bei jedem Treffen kommt das Gespräch natürlich auch auf die bevorstehende Reise und die Frage am Ende: Aber wir sehen uns schon nochmal, oder?

Diese Frage und die Anteilnahme an jeder noch so kleinen Reisevorbereitung gibt mir irgendwie das Gefühl, dass die Beziehungen intensiver geworden sind, seit wir uns entschlossen haben diese Reise zu machen. Das immer näher rückende Abfahrtsdatum und das Versprechen uns nicht hinterher zu fliegen, das alle abgeben müssen, führen dazu, dass Menschen dauernd den Abschied proben.

Völlig unerwartet und in den eigentlich alltäglichsten Situationen fallen mir Menschen um den Hals, werden sentimental, lachen Tränen mit mir über gemeinsame Erlebnisse, versuchen die Contenance zu bewahren. Sie flüstern mir beim Abschied ein wunderbares kleines Geheimnis, ein liebes Wort, einen Wegwunsch oder eine extra für mich ausgedachte Liebeserklärung zu. Man gibt mir gute Ratschläge, wie ich meinen Kopf am besten vor der Sonne schütze, welche Kamera, Regenjacke oder Merino-Unterbüxe ich unbedingt noch brauche. Sie schreiben mir wunderschöne kleine Briefe, Karten und Nachrichten. Fertigen Collagen für mich an und schenken mir klitzekleine Kleinigkeiten, trotz des großen Geschenke-Verbots aus Platzmangel.

Es macht mich glücklich, dass so viele Menschen an mich denken, sich mit mir freuen, mit mir mitfiebern und mir durch all diese kleinen Gesten zeigen, dass ihnen etwas an mir liegt, sie mich mögen, mich lieben.

Etwas außergewöhnlich Besonderes war auch das Erlebnis am Samstag. Als all die Lieben, die uns bei unseren ersten 50 km begleitet haben. Um die 20 Menschen, die sich zum Teil gar nicht vorher kannten, die sich gemeinsam Berge hoch gequält oder andere hochgeschoben haben, die Abfahrten hinuntergesaust sind und sich gegenseitig motiviert haben. Die sich extra Zeit genommen haben und zum Teil über weite Strecken angereist sind, um mit uns mit zu fahren oder spontan eine kleine Verpflegungsstation aufgestellt haben, um uns mit Saftschorle, Zopf und Schoki-Eiern zu versorgen. Die Verabschiedungen waren auch hier zum Teil herzzerreißend und tränenreich. Für mich selbst hat an diesem Tag aber eindeutig die Vorfreude und die Freude überwogen. Die Freude, endlich losgefahren zu sein, nach fast 1 ½ Jahren Planung und Vorbereitung, dem Ausmalen, wie es wohl sein wird zu starten und dann mitzuerleben wie es wirklich passiert. Deswegen habe ich keine einzige Träne vergossen, sondern war ruhig und innerlich fest in der Überzeugung, dass es genau das ist, was wir machen sollten. Der nächste Schritt, das grosse Abenteuer.

Nichtsdestotrotz habe ich all die Wünsche gespeichert. Ich habe mir vorgenommen diese Momentaufnahmen, all diese Geständnisse, diese Wünsche, diese Liebeserklärungen aufzusparen, für dann wenn ich allein in einem Zelt mitten im Nirgendwo sitze und mich frage was ich hier wohl mache. Dann werde ich sie vorholen, einzeln und genüsslich und mich darüber freuen, dass es Menschen auf dieser Welt gibt, denen ich es wert bin grosse und kleine Gefühlsausbrüche zu empfinden.

Mein Tipp also: geht reisen – so viele Liebeserklärungen bekommt ihr nie wieder!